Die Suvorov-Apotheke wurde 1830 gegründet. Nach der Chronologie ist sie schon die 18. Apotheke in Riga. Seinen bekannten Namen erhielt die Apotheke erst 1901 wahrscheinlich nach ihrem Standort, denn ihre Adresse war Suvorovstraße 34. Der Name Suvorov wurde der Straße und der Apotheke nicht zu Ehren des berühmten Heerführers, sondern zu Ehren seines Enkels Alexander Suvorov (1804-1882) gegeben. Er war Generalgouverneur Baltikums, dessen Porträt auch die Apothekesignaturen verzierte. Bis dann nannte man die Apotheke nach ihrem Besitzer – die Apotheke von Haase.

Johann Jakob Haase (1798-1843) war der Gründer der künftigen Suvorov-Apotheke. Es ist bekannt, dass er schon 1816 Lehrling in der Apotheke von Brandt – spätere Hirsch-Apotheke – war, die vom Apotheker Paul Gutzeit geleitet wurde. 1818 bestand Haase die Prüfungen des Apothekerhelfers bei der Prüfungskommission des Rigaer Pharmazeutenvereins. Über seine Arbeit als Apothekerhelfer und seine Provisorsprüfungen konnte man keine Information finden, es ist lediglich bekannt, dass Provisor Haase in Kuldīga arbeitete und von 1828 bis 1830 ihm eine Apotheke in Kuldīga gehörte. 1830 kehrte Haase nach Riga zurück und eröffnete seine Apotheke in der Petersburg-Vorstadt, die damals nur aus Holzbauten bestand und wo eine relativ provinzielle Atmosphäre herrschte, die sich möglicherweise nicht viel von Kuldīga oder von einer anderen Kleinstadt unterschied. Von 1828 bis 1835 war Haase Mitglied des Rigaer Pharmazeutenvereins, seit 1839 arbeitete er in der Kommission, die die Möglichkeiten der Kultivierung von Heilpflanzen in der Umgebung Rigas erforschte. Haase war Besitzer und Leiter der Apotheke bis zu seinem Tod. Er starb 1843 in Riga.

August Friedrich Walter (?-1885) kaufte die Apotheke von Haase gleich nach dem Tod ihres Besitzers 1843. 1834 arbeitete August Walter als Provisor in der Schwan-Apotheke, die dem Apotheker Kreutzer gehörte. Als Apothekebesitzer trat Walter 1843 in den Rigaer Pharmazeutenverein ein und arbeitete da aktiv bis 1865. 1854 unterstützte er mit Spenden die Stiftung der Witwenhilfekasse, 1862 arbeitete in der Kommission, die die Vereinsstatuten umarbeitete. Von 1863 bis 1865 war Walter in der Unterstützungsorganisation für Apothekerhelfer tätig. 1865 verkaufte er seine Apotheke und wurde Ehrenmitglied des Rigaer Pharmazeutenvereins. Walter starb 1885.

Karl Leopold Königstädter (1816-1887) kaufte die Apotheke Walters 1865 und behielt sie in seinem Besitz bis zu seinem Lebensende 1887.

Seit der Gründung der Apotheke waren nur 35 Jahre vergangen, doch in der Vorstadt, wo Haase seine Apotheke eröffnet hatte, war inzwischen alles anders. Anstatt der kleinen Holzhäuser wurden schöne mehrstöckige Gebäude gebaut, in denen sich vermögende Rigaer niederließen, die das feuchte und schattige Zentrum Rigas verließen, um sich ein Zuhause in dem neuen, wachsenden Stadtteil zu suchen. Aus einer provinziellen Vorstadt kam die Apotheke in einen angesehenen Stadtbezirk.

Karl Leopold wurde in Ponewiesch in der Familie eines Apothekers geboren. Zuerst lernte er in der Kreisschule in Ponewiesch, danach im Gymnasium des Gouvernements von Kaunas. Nach der Schule wurde Königstädter Lehrling in der Apotheke des Vaters in Kupiškis. Nach 5 Lehrjahren bestand er 1863 die Prüfungen des Apothekerhelfers in Dorpat und danach praktizierte er in den Rigaer Apotheken: bei E. Loesewitz in der späteren Altstadt-Apotheke und bei F. W. Deringer in der Hirsch-Apotheke. Von 1840 bis 1841 studierte Königstädter Pharmazie an der Universität in Dorpat, kam nach Riga als Provisor und arbeitete weiter bei Deringer in der Hirsch-Apotheke. 1843 wurde ihm angeboten, die Apotheke in Birži (Buschhof) zu verwalten, er willigte ein und verbrachte dort 18 Jahre. 1861 eröffnete Königstädter seine Apotheke in einem bewohten Ort im Kreis von Neualexandrovka, doch da blieb er nicht lange und schon 1865 kaufte die Apotheke von Walter in Riga in der Suvorovstraße. 1865 wurde Königstädter Mitglied des Rigaer Pharmazeutenvereins. Er arbeitete aktiv im Verein, von 1877 bis 1880 war er Vereinsarchivar, von 1880 bis 1887 – Vereinsdirektor. Karl Leopold Königstädter starb am 15. Dezember 1887 in Riga. Sein Sohn Eduard Königstädter übernahm die Apotheke.

Eduard Königstädter (1862-1919) wurde im Gouvernement von Kaunas als Vertreter der Apothekerdynastie geboren, denn sein Vater war Apotheker und auch sein Großvater Johann Königstädter ist Apotheker in Ponewiesch gewesen. Die Grundschulbildung bekam Eduard Königstädter im Rigaer Stadtgymnasium, danach wurde er Lehrling in der Apotheke seines Vaters. 1883 bestand er die Prüfungen des Apothekerhelfers in Dorpat und kam nach Riga, um anfangs in der Apotheke des Vaters und später in verschiedenen anderen Apotheken zu arbeiten. Von 1884 bis 1886 studierte Eduard Königstädter Pharmazie an der Universität von Dorpat, doch wegen der Gesundheitsprobleme musste er das Studium unterbrechen. Wahrscheinlich war es eine ernste Krankheit, denn zwecks der Heilung besuchte er Kurorte in der Scweiz und Riviera. Eduard Königstädter bestand die Provisorsprüfungen 1888 an der Universität in Dorpat. 1889 bekam er das Provisorsdiplom und wurde vollberechtigter Besitzer des Apotheke des Vaters. Schon seit dem Studium war Eduard Königstädter Mitglied der Korporation der Pharmaziestudenten, später – derer Philister. 1890 trat er in den Rigaer Pharmazeutenverein ein, 1896 wurde er Vereinssekretär, doch in demselben Jahr verließ er den Verein, doch arbeitete auch weiter in der Wohltätigkeitsorganisation, die die Apothekerwitwen unterstützte. 1900 verkaufte er die Apotheke des Vaters. Um solchen Schritt zu machen, musste er einen ernsten Grund dazu haben. Die Apotheke befand sich an einem sehr günstigen Ort, ihre finanzielle Lage sollte gut sein, denn Karl Leopold Königstädter war ein ausgezeichneter Wirt und ein erfahrener Apotheker. Warum verzichtete sein Sohn auf die Apotheke? Möglicherweise war diese Entscheidung mit den gesundheitlichen Problemen verbunden und Königstädter hatte einfach keine Kraft, um alle Apothekeraufgaben zu erledigen. Nach einem Jahr – 1901 – wurde er Verwalter in der Apotheke der Frau Kirschfeld, die damals schon alle ihre historischen Namen – Kleine oder Elephanten-Apotheke – verloren hatte und verbarg sich hinter mehr oder weniger bekannten Namen ihrer Besitzer. Königstädter leitete die Apotheke von Frau Kirschfeld bis 1906, aber 1910 wurde Besitzer dieser Apotheke. Als Königstädter 1919 starb, erbte seine Frau Elisabeth die Apotheke.

Alexander Rittenberg (1855-1919) kaufte die Apotheke von Königstädter jun. 1900 und behielt sie bis 1916. Rittenberg wurde in Kurland, auf dem Landgut in Zante in der Familie des Landgutverwalters Christian Rittenberg geboren. Er lernte in der Kreisschule von Tukums, dann wurde Lehrling in der Apotheke von Meier in Tukums. 1875 bestand er die Prüfungen des Apothekerhelfers in Dorpat, danach arbeitete als Apothekerhelfer in Riga – in den Apotheken von Müller, Kirschfeld und Buchardt. Von 1879 bis 1881 studierte Alexander Rittenberg Pharmazie an der Universität in Dorpat. Während des Studiums trat er in die Korporation der Pharmaziestudenten ein. Nachdem er die Provisorsprüfungen 1881 bestanden hatte, arbeitete er die nächsten 4 Jahre (bis 1885) als Verwalter in der Apotheke von Meier in Tukums. Dann leitete Rittenberg von 1886 bis 1888 die Apotheke von Stein in Preiļi (Preily), von 1889 bis 1890 – die Apotheke von Buholz in Ezere (Kurland). Er sammelte eine große Erfahrung in der Arbeit in der Apotheke und 1890 kaufte seine erste Apotheke in Preiļi. Damals war Preiļi die Stadt des Gouvernements von Vitebsk. 1896 heiratete Rittenberg Olga Friedrichson. In Preiļi verbrachte er 10 Jahre, bis er 1900 eine Apotheke in Riga kaufte. Nachdem er Besitzer der Apotheke von Königstädter geworden war, trat er 1901 in den Rigaer Pharmazeutenverein ein. Nach den historischen Quellen bekam die Apotheke gerade 1901 – also in der Zeit Rittenbergs – einen neuen Namen und bis 1940 kannten alle sie als Suvorov-Apotheke.

Über das weitere Schicksal der Suvorov-Apotheke weiß man nur von einem zufällig gefundenen Nekrolog von Eduard Conradi in der „Pharmazeutenzeitschrift Lettlands“, der zeugt, dass von 1914 bis zu seinem Todestag 1929 der Besitzer der Suvorov-Apotheke Eduard Conradi gewesen war. In anderen historischen Quellen werden als Apothekebesitzer in der Zeit von 1914 bis 1933 verschiedene Personen erwähnt, unter denen auch Provisor Kārlis Rozītis (1869-?), dem die Apotheke bis 1923 gehört habe, als auch eine gewisse Elizabete Rozīte, über deren Ausbildung keine Information vorhanden ist, doch sie wird als Apothekebesitzerin von 1916 bis 1933 genannt. Eduard Conradi wird als Apothekeleiter von 1914 bis 1929 erwähnt. Wenn der Nekrolog auf Conradi nicht in einer so bekannten Ausgabe wie „Pharmazeutenzeitschrift Lettlands” veröffentlicht worden wäre und die Unterschrift darunter nicht „E. T.”, was Emil Treyden bedeuten könnte, gewesen wäre, dann könnte man sich an den wahren Umständen zweifeln, doch Treyden als Pharmaziehistoriker und Zeitgenosse von Conradi konnte sich nicht irren. Die Suvorov-Apotheke hatte irgendwelche Vermögensbeziehungen mit Elizabete Rozīte, denn nach dem Tod von Conradi war sie diejenige, die die Apotheke den letzten Besitzern verkaufte. Leider konnten wir bis jetzt noch keine Wahrheit finden.

Eduard Conradi (1872-1929) wurde in einer kleinen kurländischen Stadt – Bēne (Behnen) – geboren. Er besuchte das Gymnasium in Jelgava, aber 1888 wurde Lehrling in der Apotheke Königstädters (die Suvorov-Apotheke) in Riga. Auch das Praktikum eines Apothekerhelfers hat er in dieser Apotheke gemacht, mit der Ausnahme von einem Sommer, den er im Kaukasus verbracht hatte. 1895 trat Conradi in die Unversität in Dorpat ein, um Pharmazie zu studieren, und beendete das Studium 1897. 1904 wurde er Apothekebesitzer in Narva, doch nach drei Jahren verkaufte er die Apotheke und begab sich zurück nach Riga. 1907 begann E. Conradi als Verwalter in der Apotheke Anspachs in Riga zu arbeiten und machte seine Arbeit mit großer Verantwortung und Ehrenhaftigkeit bis 1914, als er Besitzer der Suvorov-Apotheke wurde. In schweren Zeiten der Unruhe und Veränderungen konnte er bewundernswert gut allem Neuen anpassen, das in sein Leben kam. E. Conradi war ein langjähriges Mitglied des Rigaer Pharmazeutenvereins, arbeitete aktiv im Einkaufsverein, als Vorsitzender leitete er die Taxationskommission, nahm an der Arbeit des Apothekervereins Lettlands und des Vereins für praktizierende Apotheker teil. Die Kollegen achteten ihn und vertrauten ihm. Seine Apotheke leitete E. Conradi bis zu seiner Todesstunde am 7. Juni 1929.

Vom Juni 1929 bis Juli 1933 verwalteten mehrere Provisoren abwechselnd die Suvorov-Apotheke, jeder von ihnen arbeitete in der Apotheke nur eine kurze Zeit. Über den Besitzer gibt es keine eindeutige Information, obwohl man im Archivmaterialien einen Kaufvertrag vom 8. Juli 1933 finden konnte, der besagt, dass Elizabete Rozīte, geb. Lēkarts, die Suvorov-Apotheke in Riga, in der Kr. Barona Straße 34 für 100 000 Ls dem Ehepaar Īzaks und Sofija Litvinski verkauft.

Sofija Sora Litvinska (geb. Vašlina) (1892-1946) war Jüdin. Ihre Heimatstadt war Pskow, wo sie als Praktikantin in der Apotheke gearbeitet hatte. Die Prüfungen des Apothekerhelfers bestand sie an der Universität in Charkov, wo sie 1917 auch den Provisorstitel erworben hatte. Vor dem Kauf der Suvorov-Apotheke war Litvinska zuerst Mitbesitzerin der Apotheke von Litvinskis in Livāni (Livenhof), im Kreis von Daugavpils, danach war sie Mitbesitzerin der Linden-Apotheke in Riga. Von 1933 bis 1940 war sie Mitbesitzerin der Suvorov-Apotheke. Am Anfang gehörte der größere Teil der Apotheke ihrem Mann Īzaks Litvinskis, doch schon Ende 1938 bat Sofija Litvinska die Pharmazieverwaltung, die Apothekekonzession auf ihren Namen zu registrieren, denn nach den neuesten Verordnungen durfte die Apotheke nur einem Fachmann mit der Hochschulbildung gehören. Ihre Bitte wurde abgewiesen. Der Grund dafür könnte die festgestellten Verstöße in der Apotheke gewesen sein, und im Februar 1936 wurde S. Litvinska für 2 Jahre das Recht entzogen, die Apotheke zu verwalten. Die 40-er Jahre des 20. Jhs. brachten für die Familie Litvinski tragische Veränderungen. Zuerst verloren sie ihr Vermögen, danach am 14. Juni 1941 wurde Repression gegen sie geführt. Sofija Litvinska starb 1946 in der Unfreiheit in Norilsk, die Tochter Mirjama – die Studentin der Pharmazieabteilung der Chemiefakultät der Universität Lettland – starb in Moskau bald nach der Befreiung.

Īzaks Litvinskis – der Mann von Sofija – wurde 1884 geboren. Das Recht eines Apothekeassistenten bekam er 1918 in Charkov. Als Ehemann war er Mitbesitzer aller Eigentümer von Sofija Litvinska. Er starb 1946 in der Unfreiheit in Sibirien.

Im November 1940 kam die Suvorov-Apotheke in die Verwaltung von der Hauptverwaltung der Apotheken, und ihre Leitung wurde dem Pharmaziemagister Arnolds Mednis (1901-1975) anvertraut. Im Juni 1941 wurde die Suvorov-Apotheke nach der Deportation der Besitzer der Neuen Marktapotheke hinzugefügt. Es ist schwer vorzustellen, wie das praktisch ausgesehen war, doch die Apotheke erneuerte ihre Tätigkeit nicht mehr. Die letzte Information über die Suvorov-Apotheke ist in einer der letzten Ausgaben der „Pharmazeutenzeitschrift Lettlands” zu finden, in der die Liste mit 56 Apotheken gedruckt war, die die Pharmazieverwaltung vom Juli 1941 bis zum 31. Dezember 1942 geschlossen hatte. Unter 7 in dieser Liste angeführten Rigaer Apotheken kann man bezüglich der Suvorov-Apotheke folgendes lesen: “6. Suvorov-Apotheke in Riga, Kr. Barona Straße 34, ehemalige Besitzer S. Litvinskis und I. Litvinskis.” Also hat die Suvorov-Apotheke ungefähr 100 Jahre bestanden, und die Information über die letzten Apothekebesitzer ist karg, lakonisch und tragisch.

Zum Abschluss nur ein wenig über den Namen der Apotheke, der im Zusammenhang mit den Namen Rigaer Apotheken ein wenig extravagant scheint und ist sicher mit dem Standort der Apotheke verbunden. Alexander Suvorov (1804-1882) war Generalgouverneur Baltikums von 1848 bis 1861. Er sorgte für die Entwicklung Rigas, und mit seiner Hilfe wurde bewirkt, dass man 1857 mit dem Abriss der Rigaer Befestigungswälle begann, der in der weiteren Entwicklung der Stadt eine große Rolle spielte. In der Zeit von Alexander Suvorov wurde die Eisenbahnlinie Riga-Daugavpils eröffnet (1861), der Rigaer Hafen wurde eingerichtet, die erste Telegraflinie in Lettland (Riga-Bolderāja, 1852) wurde eröffnet.

Er förderte auch die Entwicklung der Industrie, der Schulen, Organisation der medizinischen Hilfe und der gesellschaftlichen Fürsorge, unterstützte die Letten auf ihrem Weg zur Ausbildung, achtete Krišjānis Valdemārs. Indem man die Stadtwälle abriss, wurde 1858 die Badhausstraße in der Petersburg-Vorstadt mit der Weberstraße in der Altstadt verbunden. Die neue Straße nannte man nach dem Namen des Generalgouverneurs A. Suvorov. 1923 nannte man diese Straße nach dem Namen von Krišjānis Barons um, aber der Name von A. Suvorov, quasi zu Ehren des Heerführers A. Suvorov, wurde der Marienstraße gegeben.