Die sechste älteste Apotheke Rigas lebte mehr als 150 Jahre lang ohne ihren, später so bekannten Namen. Es ist möglich, dass anfangs die Apotheke nach dem Namen ihres Besitzers genannt wurde – die Apotheke Steuerholds, doch es gibt darüber keine genaue Auskunft. Das Privileg für die Eröffnung der Apotheke erteilte der Rigaer Rat im Jahre 1678.

Das Privileg bekam Arnold Steuerhold (?-1694) – Gründer der Apotheke und ihr erster Besitzer. Steuerhold wurde in Hamburg geboren, seit 1670 arbeitete er in Riga als Gewürzhändler. 1675 bekam er Bürgerrechte, doch, als Steuerhold den Rigaer Rat um das Privileg für die Apothekeeröffnung bat, wurde die Bitte abgelehnt. Der Rat empfahl Steuerhold zu versuchen, die Kleine Apotheke von dem Besitzer H. Möller zu kaufen, doch auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Schließlich bekam A. Steuerhold 1678 die erwünschte Konzession, denn der Rat voraussah, dass die Kleine Apotheke bald Pleite machen und geschlossen wird. Steuerhold hatte kein Gebäude, wo er eine Apotheke eröffnen könnte. Es gab auch keine große Wahl für die Raummiete, und er musste sich mit der Gelegenheit zufriedengeben, die Apotheke im Haus an der Ecke der Herrenstraße und der Marstallstraße unterzubringen. Für eine Apotheke war das kein besonders guter Platz, und als der Rat ihm vorschlug, die Apotheke in die Vorstadt zu versetzen, willigte er gerne ein, nur unter der Bedingung, dass er das Monopolrecht auf die Arbeit der Apotheke in der Vorstadt haben wird. Der Rat war einverstanden, und im Oktober 1690 versetzte Steuerhold seine Apotheke in die Vorstadt, in die Sandstraße (später Alexanderstraße, jetzt Brīvības Straße). In der Vorstadt ging der Apotheke wahrscheinlich nicht besonders gut, obwohl Steuerhold für derer Einrichtung alle seine Mittel ausgegeben hatte, ohne Rücksichtsnahme auf die Familienbedürfnisse. Er war zweimal verheiratet und hatte Kinder, die er als „Mitgift” bekommen hatte, und auch eine eigene Tochter. Steuerhold arbeitete in seiner Apotheke 4 Jahre, starb 1694 und verließ seine Frau und die Tochter in sehr schlechten materiellen

Die Witwe Esther Steuerhold, geb. Fehr (1660-1699) übernahm die Apotheke 1694. Sie wurde in Riga in der Familie eines Gewürzhändlers geboren, und seit 1683 war sie die zweite Frau von Steuerhold. Sie behielt die Apotheke in ihrem Besitz ein Jahr lang. Damit die Apotheke einen Wirt hatte, heiratete sie 1695 den Provisor ihrer Apotheke. Esther selbst lebte noch eine kurze Zeit, sie starb 1699.

Andreas Stoever (1661-1710) heiratete die Witwe und bekam als Mitgift die Apotheke. Er besaß die Apotheke von 1695 bis 1710. Andreas wurde in Königsberg geboren, ging zur Schule in Vilnius, 1677 kam er nach Riga, um Lehrling in der Apotheke Prevosts zu werden. 1683 ging Stoever auf Reisen ins Ausland und kehrte nach Riga erst 1694 zurück. Steuerhold arbeitete in seiner Apotheke allein, denn ihm fehlten die Mittel, um einen Angestellten einzustellen. Die Witwe war gezwungen, einen Provisor einzustellen, der die Apotheke leiten würde. Nach einem Jahr begriff sie, dass sie kein Geld hat, um das Gehalt zu zahlen, und nur der Ehevertrag blieb übrig. Der Glückliche, der im Alter von 34 Jahren die Gelegenheit erhielt, eine Apotheke zu bekommen, war Andreas Stoever. Nach dem Tod seiner ersten Frau, heiratete er 1701 noch einmal. Seine zweite Frau starb 1703. 1704 heiratete Stoever das dritte Mal, diesmal Elisabeth – die Tochter des Kaufmanns Graff und die Witwe des Kaufmanns Schlevogt. Sie gebar ihm 1709 den Sohn Andreas. Schon wieder war die Situation entstanden, dass die Familie sowohl die Kinder aus früheren Ehen als auch eigenes Kind hatte. Dann fasste Stoever den Entschluss, die am wenigsten geschützte Tochter Steuerholds Katharina aus dem Erbe zu streichen, und begründete seine Tat mit den ärmlichen Verhältnissen in der Familie Steuerhold und mit der Kriegsverwüstung in der Vorstadt, die negativ die Arbeit der Apotheke beeinflussten. Eine derartig gemeine Handlung war für die Apotheker nicht typisch. Ganz umgekehrt – die Apotheker sorgten gewöhnlich für die als „Mitgift” erhaltenen Kinder wie für ihre eigenen, und es fehlt nicht an solchen Beispielen. Stoever starb im Juli 1710 an der Pest. Und wieder blieb die Witwe mit den Kindern und der Apotheke.

Jacob Gasseus (1686-1751) heiratete die Witwe – die dritte Frau von Stoever – und bekam die Apotheke. Er war Lehrling in der Apotheke bei Stoever und danach blieb dort als Geselle arbeiten. Als die Apotheke ohne Leiter und die Familie ohne Versorger blieb, handelte er unverzüglich. Die Vorstadt war ausgestorben, deshalb hatte die Apotheke keine Arbeit. Gasseus begriff die Situation und schloss die Apotheke nach einem Jahr – 1711 – für 10 Jahre, indem er das Privileg erhielt, die Apotheke wieder zu eröffnen. Er kaufte die Kalkstraßen-Apotheke samt dem Haus in der Versteigerung. Die Kalkstraßen-Apotheke war nach der Pestepidemie ohne Besitzer geblieben. Die Apotheke begann in kurzer Zeit erfolgreich zu arbeiten. Als Jacob Gasseus die Witwe von Stoever geheiratet hatte, nahm er die Söhne, die die Witwe in die Ehe mitgebracht hatte – Reinhold Schlevogt und Andreas Stoever -, als seine eigenen an und kümmerte sich um ihre Erziehung, Ausbildung und Sicherung ihrer Zukunft. Nach 10 Jahren, als die Söhne schon volljährig waren und eine Ausbildung bekommen hatten, begann Gasseus seine eigenen Pläne zu verwirklichen. Die Apotheke, deren Privileg er all die Jahre besessen hatte, wollte er in Besitz von Reinhold Schlevogt übergeben, und deshalb bat Gasseus seinen Pflegesohn, aus dem Ausland nach Riga zurückzukehren.

Reinhold Schlevogt (1697-1743) war der Sohn der Frau von Gasseus Elisabeth aus ihrer ersten Ehe mit dem Kaufmann aus Lübeck Matthias Schlevogt. Der Stiefvater bereitete Reinhold auf die Karriere des Apothekers vor. Von 1710 bis 1716 war Reinhold Lehrling in der Großen Apotheke bei Nikolaus Martini. Als Geselle arbeitete er von 1716 bis 1719 in der Apotheke bei seinem zweiten Stiefvater Gasseus, und danach ging er durch Kurland und Preußen nach Lübeck, um seine Verwandten zu besuchen und die Welt kennen zu lernen, wie es einem Gesellen gebührt. 1719 wurde Reinhold Provisor in der Apotheke in Osnabrück, aber schon 1720 war er in Hamburg und Lübeck. Zwei Jahre arbeitete er als Provisor in der Hofapotheke in Kopenhagen. Die Bitte, nach Hause zurückzukehren, erreichte Reinhold 1722 in Stockholm. Der Stiefvater teilte ihm mit, dass es die höchste Zeit ist, das Privileg der einst geschlossenen Apotheke zu verwirklichen, solange die wachsende Zahl der Apotheken in Riga diesen Plan nicht verhindern konnte. Der Halbbruder Andreas Stoever hat auf seinen Anteil in der Apotheke zugunsten des Bruders verzichtet, denn er selbst studierte Jura. Andreas Stoever erbte später die Kalkstraßen-Apotheke und andere Eigentümer von Gasseus.

Im Herbst 1722 kam Reinhold Schlevogt in Riga an, und schon Ende Dezember kaufte er die Gebäude für die Einrichtung der Apotheke. Vom Ältesten der Kleinen Gilde Stephan Andrea kaufte er ein großes Haus und dem Haus anliegendes kleineres Gebäude, das Jürgen Helmes 1695 für seine Bedürfnisse gebaut hatte. Die Gebäuden befanden sich an der Ecke der Herrenstraße und der Sünderstraße. Die Apotheke blieb hier von 1723 bis 1902. Die Gebäude sind bis heute erhalten und sind nicht nur ein herrliches Beispiel der alten Architektur von Riga, sondern auch ein bedeutendes Denkmal der Phramaziegeschichte, denn es ist sicher bekannt, dass in diesen Gebäuden die Apotheke gearbeitet hatte. Die 400 Jahre alten Gebäude sind restauriert, und da befindet sich das Museum von Mentzendorff.

1723 wurde Schlevogt Bürger von Riga und Ältester der Bruderschaft der Schwarzhäupter. Das zeugt von der gesellschaftlichen Stellung von Schlevogt, von seiner Popularität und Achtung unter den Einwohnern. 1725 heiratete er. Das Vermögen von Schlevogt vermehrte sich, und er kaufte ein Haus und einen Garten in der Lastadie (jetzt – Anfang der Moskauerstraße), unweit von der Jesuskirche. Schlevogt starb im März 1743, und im Mai desselben Jahres brannte sein Privathaus mit aller Habschaft nieder. Über seine Apotheke hatte er ein schriftliches Zeugnis hinterlassen, dass er sie trotz aller Schwierigkeiten möglichst gut eingerichtet hat, und das bezeugen auch die Visitationsergebnisse.

Die Witwe Helene Schlevogt, geb. Danckwart (1709-1782) – die Tochter eines Kaufmanns von Riga – übernahm die Apotheke in ihren Besitz nach dem Tod ihres Ehemanns. Die Verwaltung der Apotheke vertraute sie anfangs dem Provisor Christian Heinrich Mumm an, aber danach 1747 wurde Simon Hoppe (1723-1781) Verwalter der Apotheke. Nachdem er 7 Jahre in der Apotheke gearbeitete hatte, wurde er Mitbesitzer der Apotheke zusammen mit dem Sohn von Schlevogt, nach dessen Tod – Besitzer der Apotheke. Die Witwe starb 1782, nachdem sie ihren Sohn um 12 Jahre überlebt hatte.

Jakob Schlevogt (1727-1770) wirtschaftete leider in der von seinem Vater errichteten Apotheke nur als Mitbesitzer. Warum das so geschah, ist es schwer zu verstehen. Es scheint, dass man hier noch eine Gesetzmäßigkeit beobachten kann, und zwar geschickte, kluge und starke Väter, die die Apotheke wie ein Schiff durch das stürmische Meer führen konnten, hatten gewöhnlich ungeschickte, schwache Söhne, die zahlreiche Interessen hatten, doch konnten das vom Vater gegründete Unternehmen nicht leiten. In der Apothekengeschichte gibt es dafür viele Beispiele. Als Lehrling arbeitete Jakob Schlevogt in der Hofapotheke in Königsberg bei dem Apotheker Joachim Bernard Hoppe. Danach arbeitete er als Apothekerhelfer in Berlin und Kopenhagen, bis er 1752 in die Apotheke seiner Mutter zurückkehrte. In seiner Zeit wurden die beiden Häuser umgebaut, um bessere und größere Räume zu bekommen und die Lage der Apotheke vor der Visitation zu verbessern, in der eine besondere Kommission prüfte, ob die Apotheke bestimmten Anforderungen entspricht. Die Pflichten eines Apothekebesitzers konnte Jakob wahrscheinlich gar nicht meistern, denn schon 1755 verkaufte er die Hälfte der Apotheke und des Hauses an Simon Hoppe. 1765 wurde Jakob Bürger, und in demselben Jahr heiratete er Dorothea Elisabeth von Dreiling. Sie kam aus einer bedeutenden Familie, überlebte ihren Mann um 46 Jahre, heiratete das zweite Mal und starb 1816. Jakob Schlevogt war nur 43 Jahre alt, als er im März 1770 starb.

Es scheint, dass Simon Hoppe (1723-1781) ein geschickter Mann gewesen ist. Er war der Sohn des Apothekers von der Hofapotheke in Königsberg. Seine Lehrjahre verbrachte er in Kaunas, als Geselle arbeitete er mehr als vier Jahre in Tilsit. 1746 kam Hoppe nach Riga, und seit 1747 war er Provisor in der Apotheke von der Witwe Schlevogt. Wahrscheinlich kannte er den jungen Schlevogt als Lehrling seines Vaters und deshalb ahnte, dass, wenn er in der richtigen Zeit am richtigen Ort sein wird, kann er die Apotheke bekommen. Er hatte Recht: Jakob Schlevogt verkaufte die Hälfte seines Vermögens 1755 an Hoppe, der in demselben Jahr Bürger von Riga wurde. 1762 heiratete Simon Hoppe die Nichte seines Mitbesitzers Dorothea Helene Harmen, die damals erst 15 Jahre alt war. Nach dem Tod von Jakob Schlevogt stellte es sich heraus, dass ein Manko an 900 Rigaer Talern besteht. Dieser Umstand zwang die Witwe, sich auf die Apotheke und auf das Haus zu verzichten – unter der Bedingung, dass nach dem Tod von Hoppe das ganze Vermögen versteigert wird und der Sohn Schlevogts Reinhold mindestens einen Teil des Erbes bekommen wird. So wurde Simon Hoppe 1771 vollberechtigter Besitzer der Apotheke von der Familie Schlevogt. Kurz vor seinem Tod schrieb Hoppe 1781 seinen letzten Willen, in dem er sein ganzes Vermögen seinem Schwager vermachte – also ignorierte er völlig die Abmachung mit der Witwe Schlevogt. Das zeugt davon, dass Hoppe ein unehrlicher Mensch war und dass es möglich ist, dass er in seinem Leben auch noch manche unanständigen Taten vollzogen hatte. Hoppe starb am 29. Juni 1781.

Hermann Reinhold Harmen (1749-1813) war Rigaer, der Sohn eines reichen Kaufmanns, auch er selbst war ein erfolgreicher Kaufmann. Nach dem Tod von Hoppe versiegelte er die Apotheke und versteigerte das ganze Vermögen, wie es im Jahre 1772 vereinbart wurde. In der Versteigerung war er der einzige Interessent und kaufte von den Kreditoren sowohl die Apotheke als auch die Häuser und zahlte davon dem Sohn Schlevogts eine gewisse Summe. Da Harmen kein Apotheker war, brauchte er einen Kompagnon und wählte den Provisor Johann Gotlieb Brandt aus. Nach der Versteigerung wurde die Apotheke schnell eröffnet, damit die eingekauften Waren nicht verderben. Seit 1782 arbeiteten beide Mitbesitzer mit Erfolg. Brandt leitete die Apotheke, und Harmen verkaufte Gewürze. 1782 wurde Harmen Bürger von Riga, und bald danach heiratete er. Seine Frau verlor er 1791, selbst starb er 1813.

Johann Gotlieb Brandt (1756-1829) war ein begabter und geschickter Apotheker. Er kam aus Deutschland nach Riga, hatte schon seinen Beruf erlernt und arbeitete lange Jahre bei Hoppe als Provisor. 1782 wurde er Mitbesitzer der Apotheke und 1809 – Besitzer. Brandt bemühte sich sehr, damit die Apotheke mit Erfolg arbeitete. Das gelang ihm auch, denn seine Apotheke zählte bald zu den besten in der Stadt.

Brandt beschäftigte 5 Gesellen und 4 Lehrlinge. 1782 wurde er Rigaer Bürger, und 1783 heiratete er die Schwägerin von Harmen Anna Elisabeth Stude, doch sie starb 1794. Im Jahre 1795 heiratete Brandt zum zweiten Mal, zu seiner Frau wurde Anna Sophie Schneider. 1803 war Brandt einer der Mitbegründer des Rigaer Pharmazeuten- und Chemikervereins, und 1810 beteiligte er sich an der Bildung der Hilfskasse.  1820 vermietete er die Apotheke seinem Schwiegersohn, und selbst wohnte er lieber seit 1814 in seinem Landgut in Litauen. Dort starb er im November 1829.

Paul Christian Gutzeit (1787-1831) schaffte es in seinem 44 Jahre langen Leben beide Töchter von Brandt zu heiraten. Er wurde in Jēkabpils in der Familie eines Goldschmieds geboren und kam nach Riga, um als Apothekerhelfer in der Apotheke von Brandt zu arbeiten. 1813 heiratete er Helene Henriette Brandt (1792-1825), und in demselben Jahr wurde er Leiter der Apotheke. 1820 mietete Gutzeit die Apotheke von seinem Schwiegervater und leitete sie auch weiter mit Erfolg, und nach dem Tod von Brandt wurde er Apothekebesitzer. Als Nachfolger von Brandt und Apothekeleiter war er von 1820 bis 1824 Mitglied des Rigaer Pharmazeutenvereins, nahm an der Ausarbeitung der Hilfskassenstatuten teil und war im Verein „Euphonia” tätig. Als er verwitwete, heiratete er 1830 die Schwester seiner ersten Frau Juliane Helene Brandt. Leider erkrankte Gutzeit nach einem Jahr im Frühling 1731 an Cholera und starb. Die Apotheke blieb den Erben von Gutzeit.

Karl Gottfried Oppelt (1800-1833) wurde Mieter der Apotheke von Brandt nach dem Tod von Gutzeit. Es scheint, dass es wegen der Choleraepidemie keine große Auswahl an Mietern vorhanden gewesen sei, wenn man eine so bedeutende Apotheke einem Apothekerhelfer vermietet hatte, der die Prüfungen in Dorpat gemacht hatte. 1832 trat er in den Phramazeutenverein ein, doch schon 1833 starb er vermutlich an Cholera.

Die Witwe Friederike Elisabeth Oppelt, geb. Grunwald (1804-1875) leitete die gemietete Apotheke ein Jahr (1833-1834) lang mit Hilfe des Provisors Georg Daniel Schaeffer (1804- ~1865), danach verzichtete sie sich auf die Miete der Apotheke.

Anna Sophia Brandt, geb. Schneider (1765-1851) war die zweite Frau von Johann Gotlieb Brandt, und im Jahre 1834 übernahm sie die Apotheke. Ihr gelang es, einen guten Provisor zu finden, dem sie die Apothekeleitung anvertrauen konnte, das war einer der später bedeutenden Rigaer Apotheker – Karl Heinrich Wilhelm Frederking (1809-1892). Er leitete die Apotheke bis 1837. Die Witwe wollte die Apotheke loswerden, deshalb kaufte Frederking sie im Jahre 1837 und verkaufte sie gleich weiter an Friedrich Wilhelm Deringer, gleichzeitig kaufte er seine Apotheke in der Jelgava-Vorstadt in der Steinstraße, die mit dem Namen die Kliverholm-Apotheke bekannt ist.

Friedrich Wilhelm Deringer (1800-1876) wurde 1837 nach einer ziemlich komplexen Kombination Besitzer der bedeutenden Apotheke von Brandt. Die neugewonnene Apotheke nannte er die Hirsch-Apotheke, so wurde die Apotheke ihr ganzes restliches Leben genannt. Deringer wurde in Kurland geboren, als Lehrling arbeitete er in einer Apotheke in Ventspils (Windau), als Apothekerhelfer arbeitete er in Jelgava bei Johann Gottfried Zigra und später in der Rigaer Grünen Apotheke bei Samuel Friedrich Ilisch. 1825 bestand Deringer mit Auszeichnung die Provisorsprüfungen an der Universität von Dorpat. Der Prüfer Professor Gotthard Wilhelm Osann (1797-1866) empfahl ihm, gleich die Apothekerprüfungen zu machen. 1827 wurde Deringer Apotheker der I. Klasse. 1826 kaufte er die Apotheke von Friedrich Wilhelm Schmidt (1792-1843) in Kliverholm, ordnete die Apothekearbeit nach seinem Geschmack ein und in demselben Jahr heiratete Amalie Hancke – die Tochter eines Schreiners aus Riga. In seiner Familie wurden zwei Söhne und vier Töchter geboren. Wahrscheinlich hatte der energische Mann schon längst eine Vision von einer angeseheneren Apotheke im Stadtzentrum, deshalb nutzte er die Gelegenheit aus und von 1837 bis 1853 wirtschaftete er in einer der besten Rigaer Apotheken – in der Hirsch-Apotheke. Neben der Arbeit in der Apotheke arbeitete Deringer von 1838 bis 1873 beim Rigaer Zollamt als Revident für Apothekewaren und Drogen. Viele Jahre arbeitete er als Lehrer in der Rigaer Pharmazeutenschule, und seit 1826 beteiligte er sich aktiv an der Arbeit des Rigaer Pharmazeutenvereins: von 1849 bis 1852 war er Vereinssekretär, aber im Jahre 1857 wurde er Ehrenmitglied. Er hatte umfassende Kenntnisse in Physik und Chemie, deshalb veröffentlichte er Artikel in verschiedenen professionellen periodischen Ausgaben. Er war auch einer der Gründer vom Rigaer Naturwissenschaftenverein. Jeder Tag war voll mit Arbeiten und Verpflichtungen, deshalb verlief sein Leben sehr schnell, und er starb 1876.

Friedrich Wilhelm Eduard Deringer (1827-1880) erbte die Hirsch-Apotheke nach dem Tod des Vaters. Er wurde in Riga geboren, die Berufsgeheimnisse lernte er bei seinem Vater in der Apotheke kennen, danach reiste er zwei Jahre und kam bis Tiflis. 1852 und 1853 studierte Eduard Pharmazie an der Universität von Dorpat und 1853 erwarb den Provisorstitel. In demselben Jahr übergab der Vater ihm die Leitung der Apotheke, denn er selbst war mit vielen anderen Sachen beschäftigt. Eduard heiratete Emma Hahr – die Tochter eines Rigaer Kaufmanns. 1853 trat er in den Rigaer Pharmazeutenverein ein und war von 1865 bis 1868 Vereinssekretär. Außerdem arbeitete er als Lehrer in der Rigaer Pharmazeutenschule. Es schient, dass sein Leben viel ruhiger als das des Vaters verlief, doch der Sohn überlebte den Vater nur um vier Jahre und starb im Januar 1880.

Emma Deringer, geb. Hahr (1828-1919) war als die Erbin des Familienvermögens gezwungen, die Hirsch-Apoheke gleich nach dem Tod ihres Ehemanns zu vermieten. Zum Mieter wurde Ende 1879 oder Anfang 1880 Provisor Eduard Karl Sadowsky, der die Apotheke 1883 von der Witwe abkaufte, denn sie verließ Riga und lebte bei ihren Kindern in Viborg.
Eduard Karl Sadowsky (1851-1907) stammte aus Tukums. Er hat das Gymnasium in Jelgava absolviert, und von 1869 bis 1872 war er Lehrling in der Altstadt-Apotheke bei Johannes Lösevitz. 1873 bestand Sadowsky die Prüfungen des Apothekerhelfers in Dorpat und arbeitete als Apothekerhelfer in Jelgava. Von 1876 bis 1878 studierte er Pharmazie an der Universität in Dorpat. Nachdem er nach Riga zurückgekehrt war, wurde er Provisor in der Vorstadt-Apotheke bei Wilhelm Erasmus (1844-1898). Als er die Gelegenheit bekam, die Hirsch-Apotheke zu mieten, nahm er ohne Zögern diese Verantwortung auf sich, obwohl er erst vor kurzem die Hochschule beendet hatte und nur 29 Jahre alt war. 1883 kaufte Sadowsky die Hirsch-Apotheke und besaß sie bis 1900. 1880 trat er in den Rigaer Pharmazeutenverein ein und war bis 1887 Vereinsarchivar, danach war er 7 Jahre lang Vereinssekretär, aber von 1895 bis 1896 – Vereinsdirektor. Er war auch in der Hilfskasse tätig, und 1893 war er Delegat der Rigaer Hypothekengesellschaft. 1900 verkaufte Eduard Sadowsky die Hirsch-Apotheke an Emil Treyden. Sadowsky starb im Januar 1907 in Riga.

Emil Treyden (1865-1934) wurde in Riga in der Familie eines Bankkaufmanns geboren. Er hat das Stadtgymnasium absolviert, von 1883 bis 1886 arbeitete er als Lehrling in der Apotheke von Buchardt. 1887 machte Treyden die Prüfungen des Apothekerhelfers und arbeitete weiter in der Apotheke von Buchardt. Von 1890 bis 1892 studierte er Pharmazie an der Universität in Dorpat. Nachdem er den Provisorstitel erworben hatte, arbeitete er in der Apotheke in Majori. 1900 kaufte Treyden die Hirsch-Apotheke von Sadowsky, und in demselben Jahr heiratete er Melanie Karoline Holtzmeyer. Seine Apotheke leitete er mit Liebe und Verantwortung. Von 1924 bis zu seinem Lebensende war Treyden Vorsitzender des Rigaer Pharmazeutenvereins. Er forschte die Geschichte der ersten Rigaer Apotheken und veröffentlichte die Ergebnisse seiner Forschungen in der “Zeitschrift der Pharmazeuten Lettlands”. Das sind sehr wertvolle Materialien der Pharmaziegeschichte, denn im 20. Jh. gab es sehr wenige Forschungen auf diesem Gebiet. Treyden war auch in der Versicherungsgesellschaft der Apotheken und in der Handelskammer tätig. Er war ein sehr aktiver und energischer Mann, ein echter Apotheker und Enthusiast der Pharmazie. 1902 versetzte er die Hirsch-Apotheke ins Gebäude an der gegenüberliegenden Seite der Herrenstraße. Es ist nicht klar, warum er das machte. Es ist wenig denkbar, dass Treyden den Zusammenhang des alten Gebäudes und der Apotheke und den großen Wert des historischen Gebäudes nicht begriffen hatte. Es waren vermutlich andere Umstände, vielleicht materiellen Charakters, die Treyden gezwungen haben, einen anderen Ort für die Apotheke zu suchen. Leider wurde das neue Zuhause der Apotheke während des Krieges im Jahre 1941 zerstört.

Über das weitere Schicksal der Hirsch-Apotheke gibt es wenig Information. Nach Treyden besaßen die Apotheke von 1932 bis 1939 Provisor Alfred Ernst Christian Seidel (1887-1969) und Pharmaziemagister Pauls Veinblūms (1877-1939). In der Apotheke arbeiteten drei Assistenten und ein Praktikant. Nach dem Tod von P. Veinblūms im Jahre 1939 überging sein Apothekeanteil an seine Erben. A. Seidel reiste in demselben Jahr nach Deutschland aus, deshalb wurde sein Anteil verkauft. Ende 1939 sollten Pharmaziekandidat Pēteris Svārpstiņš (1877-?) und Provisor Roberts Jānis Sīle (1884(9)-?) Mitbesitzer der Hirsch-Apotheke werden, doch es scheint, dass sie es nicht geschafft haben, die Formalitäten zu erledigen, denn sie werden in den Archivmaterialien nicht mehr erwähnt. Das war auch praktisch das Ende, denn 1940/1941 war anstelle der Hirsch-Apotheke die 25. Apotheke der Hauptverwaltung der Apotheken. Mit dem Anfang des Krieges wurde die Apotheke geschlossen und danach liquidiert. Das Apothekegebäude wurde im Sommer 1941 durch Beschießung zerstört, als die Gebäude um den Rathausplatz, in der Herrenstraße vernichtet wurden und der Turm der Petrikirche niederbrannte. Das alte Gebäude der Hirsch-Apotheke an der Ecke der Sünderstraße und der Herrenstraße hatte mehr Glück, und es wurde verschont. Leider gibt es heute keine Hirsch-Apotheke mehr, doch es ist gut, dass ihr historisches Zuhause an der Ecke der Herrenstraße und der Sünderstraße erhalten ist. Das Gebäude wird uns daran erinnern, dass es einst hier eine hervorragende Apotheke gegeben war, in der viele Apothekergenerationen arbeiteten, sich freuten und traurig waren.