Die Apotheke Prevosts ist chronologisch die viertälteste Apotheke in Riga, sie wurde 1669 gegründet. Ihr Leben war so kurz, dass sie keinen Namen hatte oder der nicht bewahrt ist, deshalb nennt man sie in der historischen Literatur mit dem Namen ihres Besitzers – die Apotheke Prevosts. Wenn man das Leben dieser Apotheke mit dem Leben der anderen Apotheken des alten Riga vergleicht, kann man mit Sicherheit behaupten, dass das Schicksal der kleinen Apotheke Prevosts nicht wohlwollend war, ganz im Gegenteil – sie musste das ganze Unglück erfahren, was eine Apotheke heimsuchen konnte.
Ihr Gründer Otto Fabiuss Prevost (?-1710) wurde in der Schweiz geboren. In den 50-er Jahren des 17. Jhs. verließ er die Heimat, um als Apothekergeselle die Welt zu erobern. Er kam nach Dorpat, wo er bei Justus Pfahler in der Stadtapotheke zu arbeiten anfing. Aus Dorpat kam er nach Riga und arbeitete als Apothekerhelfer in der Großen Apotheke bei David Martini I. (?-1674). Das Jahr 1669 war im Leben von Prevost eins der produktivsten. Zuerst erhielt er vom Rigaer Rat die Erlaubnis zur Eröffnung eines Gewürzladens. Danach bestand er die Apothekerprüfung und bekam die Konzession des Rats für die Verwandlung seines Gewürzladens in die Apotheke – so wurde er zum Besitzer der vierten Apotheke in Riga. 1671 bestätigte der Rat vom Neuen alle vier Rigaer Apotheken, und das ist die Bestätigung dafür, dass die jüngste Rigaer Apotheke – die Apotheke Prevosts – um diese Zeit schon arbeitete. 1672 wurde Prevost Rigaer Bürger, im Jahre 1689 kaufte er ein Haus, in dem er die ganze Zeit die Räume für die Apotheke gemietet hatte. Das Haus befand sich am Rathausplatz, in der Nähe des Marktes und auch der Großen Apotheke.
Uns ist es heute sehr schwer, diesen Ort vorzustellen, denn zur Zeit gibt es in diesem Territorium keine Gebäude. In der historischen Literatur steht, dass die Apotheke sich an der Ecke des Rathausplatzes und der Wagstraße gegenüber dem Haus von Jaksis befand. Es gibt auch kein Haus von Jaksis mehr, doch wo stand es? Um mindestens eine ungefähre Vorstellung vom Standort der Apotheke zu bekommen, müssen wir uns vorstellen, dass es zwischen dem Rathausplatz und der Düna eine Bebauung gab, die mehrere Viertel mit winzigen Straßen bildete. Die Kalkstraße endete am Rathausplatz an der Stadtseite, aber die Wagstraße verband den Rathausplatz mit dem Dünaufer. Das Haus von Jaksis – der modernste Laden in Riga Anfang des 20. Jhs. – befand sich in der Wagstraße 11, d. h., an der Stelle des alten Gebäudes von der Technischen Universität, in der Nähe des Rathauses und gegenüber dem Schwarzhäupterhaus. Soweit man es einschätzen kann, befand sich die Apotheke Prevosts an der anderen Straßenseite, genau dem Gebäude gegenüber, an dessen Stelle man das Haus von Jaksis baute. Der Ort war offensichtlich günstig, denn die Apotheke Prevosts arbeitete anfangs mit Erfolg und ihr Besitzer wurde allmählich reich. Im Jahre 1680, als der Besitzer der Kleinen Apotheke Heinrich Möller starb, nahm auch Otto Fabiuss Prevost an der Versteigerung des Hauses und der Apotheke von Möller teil. Natürlich konnte er die reiche Familie Berens nicht überbieten, doch die Tatsache selbst zeugt von einem gewissen Vermögen. In 41 Jahren seiner Tätigkeit wurde Prevost nicht nur reich, sondern hatte auch unter den Einwohnern eine große Achtung verdient, denn er war ein guter und hilfsbereiter Mensch. Er unterstützte andere Apotheker, wenn diese schwere Zeiten hatten, gab den Patienten Medikamente auch gegen ein wertvolles Pfand, das man später einlösen konnte. Prevost hatte eine Rigaerin, geb. Giese, geheiratet, die leider 1678 starb und keine Kinder zurückließ.
Das Schicksal hat für den Apotheker und die Apotheke ein tragisches Lebensende vorgesehen. Als 1709 die Armee von Peter I. (1672-1725) Riga einkreiste, wurde die Bebauung der Stadt stark in den Beschießungen beschädigt. Die Apotheke Prevosts befand sich nah am Ufer der Düna und war stark von der feindlichen Bombardierung bedroht. Um das Gebäude vor Verwüstung zu schützen, bedeckte Prevost es mit Holzmaterialien. Die Belagerung brachte der Stadt Hunger, Not und Pest, die das Leben vieler Rigaer raubten. Viele bedeutende Apotheker von Riga starben, darunter auch Otto Fabiuss Prevost. Kurz vor seinem Tod hatte er alle für unbeglichene Schulden angesammelten Pfände an Witwen und Waisen verteilt. Die Apotheke vermachte er seinem Helfer – dem Gesellen Joachim Lindemann (?-1710) und starb an demselben Tag – am 6. Mai 1710. Die Belagerung der Stadt verhinderte Lindemann das Erbe zu übernehmen. Bevor er das hätte machen können, starb auch er an der Pest und wurde am 23. Juni 1710 bestattet. In einem sehr kurzen Zeitabschnitt verlor die Apotheke zwei Besitzer. Der Vater von Joachim Lindemann, der Älteste der Kleinen Gilde, zögerte sich zuerst die Apotheke zu übernehmen. Er konnte sich nicht entscheiden, was zu machen gewesen wäre, denn mit der Apothekenarbeit hatte er keine Erfahrung. Während er nachdachte, traf eine feindliche Bombe das Apothekehaus und zerstörte es teilweise. Das geschah in den letzten Tagen der Belagerung. Danach wollte Lindermann dieses Erbe nicht mehr haben, und die Apotheke blieb in einem halbzerstörten Gebäude für ein Jahr geschlossen. Die Geldmittel von Prevost wurden enteignet, man brauchte sie für die Stadtverteidigung.
Im Herbst 1711 kaufte Paul Beuter (1682-1738) die Reste des Hauses und der Apotheke von den Erben von Prevost, die irgendwo im Ausland wohnten. Beuter war der Sohn eines Handwerkers, der aus Deutschland eingereist war. 1713 wurde Beuter Bürger von Riga. Die Geschichte schweigt darüber, dass er ein Apotheker gewesen wäre. Die schweren Zeiten und die Konflikte in der Familie hinderten Beuter daran, die Apotheke in Ordnung zu bringen. Die Apotheke arbeitete ohne großen Erfolg, und Beuter bezahlte seine Verpflichtungen nur mit Mühe. 1724 kam der Rigaer Rat plötzlich zum Entschluss, dass Beuter die Apotheke unbegründet bekommen hatte, denn das Privileg für die Eröffnung der Apotheke wurde Prevost persönlich ausgeteilt und niemand konnte es erben. Die materiellen Verpflichtungen mit Erben von Prevost waren wegen dem kleinen Einkommen schwer zu erfüllen, deshalb verkaufte Beuter 1727 die Apotheke. Er selbst arbeitete fortan als Heringssortierer, diese Tatsache zeugt davon, dass er höchstwahrscheinlich kein Apotheker oder Apothekergeselle gewesen sei. Beuter starb 1738.
1727 kaufte Jakob Johann Merkel (1672- ~1747) die Apotheke. Er war der Sohn eines Handwerkers aus Cēsis. 1702 lebte Merkel schon in Riga und im Jahre 1703 wurde er Rigaer Bürger. Das Haus und die Apotheke kaufte er für seinen Sohn Otto Jakob Merkel (1705-1747), der ein Apothekergeselle war. Nachdem Merkel Apothekebesitzer geworden war, hat es sich herausgestellt, dass der Rat ihm die Konzession für die Eröffnung der Apotheke nicht geben wird. Das Einzige, was ihm erlaubt wurde, war der Ausverkauf der Apothekewaren. Wahrscheinlich hatte die Apotheke sehr viele Waren, denn sie arbeitete bis 1738. Otto Jakob Merkel blieb nicht in Riga. Im nächsten Jahr ging er nach Narva, wo er nach einiger Zeit Apotheker der Stadt wurde. Er verbrachte in Narva den Rest seines Lebens und starb im Jahre 1747.
So endete das kurze und ziemlich traurige Leben von der Apotheke Prevosts. Historisch gesehen hatte sie die Ehre, die viertälteste Apotheke in Riga zu sein, doch tatsächlich als Apotheke arbeitete sie nur zu Lebzeiten von Prevost, in der restlichen Zeit war sie offensichtlich nur ein Laden der Apothekewaren, denn ohne Apotheker gibt es keine Apotheke.